KBH strebt Klage gegen die Polizei wegen Datenweitergabe an

Große Wellen schlägt das jüngste Vorgehen des FC Schalke 04 e. V. gegenüber den Hugos. 140 Mitglieder, so heißt es in einer Pressemitteilung, hätten Post vom Verein bekommen und würden aufgefordert, eine Gewaltverzichtserklärung abzugeben. Ansonsten drohe ein Stadionverbot. Die Polizeipräsidentin applaudiert.

Wie ist dieses Vorgehen nun differenziert zu betrachten?

Beginnen wir damit, dass nicht 140 Mitglieder der Hugos diese Aufforderung bekommen haben. Wer Mitglied der Hugos ist und wer nicht, ist nämlich nicht klar. Die 140 Personen, die Post erhielten, waren an dem Abend des Spiels gegen Wolfsburg Gast in den Vereinsräumlichkeiten der Hugos, als die Polizei sich entschloss, alle Gäste einzeln abzuführen und zu identifizieren. Natürlich weiß die Polizei, dass nur ein kleiner Teil dieses Personenkreises eventuell an vorherigen Auseinandersetzungen am Bahnhof beteiligt war, wo sich 22 Polizisten selbst mit Pfefferspray beschossen und – möglichwerweise – verletzten. Das geschah nachdem zuvor eine Wolfsburger Fangruppe bei ihrer Abreise verbal und körperlich Schalker angegangen hatte. Die Schalker sollen sich dann in das Vereinsheim der Hugos zurückgezogen haben. Die Polizei verdächtigte daraufhin alle dort Anwesenden einer Straftat, unabhängig davon ob man dort einfach nur ein Bier nach dem Spiel trinken wollte, Freunde traf oder tatsächlich dorthin flüchtete.

Von den 140 Personen, und das weiß auch der Vorstand des FC Schalke 04 um Peter Peters, war nur ein Bruchteil an den Auseinandersetzungen am Bahnhof beteiligt.

Nach den zunächst falschen Pressemitteilungen der Polizei sah sich die Öffentlichkeit genötigt, die Hugos in die Ecke zu stellen. Allen voran die Polizei und der Oberbürgermeister der Stadt Gelsenkirchen Frank Baranowski. Gefordert wurde ein unnachgiebiges Vorgehen und Stadionverbote gegen alle, egal ob nun individuelle Schuld vorliegt oder nicht. Was kehrt den Oberbürgermeister die Unschuldsvermutung? So wurde nun erheblicher politischer Druck auf den FC Schalke ausgeübt.

 

Um den Druck zu verschärfen, hat die Polizei dem FC Schalke eine Liste mit den Personalien der vor Ort festgestellten Menschen überreicht. Dieses Vorgehen bewerten wir als rechtswidrig. Die Polizei ist hierzu nicht befugt gewesen. Die Weitergabe von persönlichen Daten an einen privaten Verein unterliegt dem Datenschutz. Zwar erlaubt § 29 Polizeigesetz NRW hiervon Ausnahmen. Diese sind hier jedoch nicht gegeben. Die Polizei war und ist sich völlig im Klaren, dass sie eine Vielzahl von Personen absolut zu Unrecht mit einer „Tat“ in Verbindung bringt und gegenüber dem FC Schalke bewusst zu Unrecht diskreditiert.

Die Königsblaue Hilfe wird mit allen Mitteln versuchen, solchen Verstößen gegen den Datenschutz zu begegnen und diese Datenweitergabe gerichtlich prüfen lassen.

 

Durch die Übermittlung der Daten an den FC Schalke verfolgt die Polizei nur einen einzigen Zweck. Sie will damit erreichen, dass der S04 gemäß der DFB-Richtlinie zu Stadionverboten gegen alle Benannten ein Stadionverbot ausspricht. Das könnte der S04 nach dieser Richtlinie tatsächlich tun. Die Polizei hätte also ihre gewünschte Bestrafung erreicht, ohne einen Beweis führen zu müssen. Das alles dank der Vereinbarung der DFB-Vereine, für die die Unschuldsvermutung ein absolutes Fremdwort ist. Das weiß die Polizei und nutzt dies strategisch. Nicht nur in diesem Fall.

 

Nun muss sich der Vorstand des FC Schalke zwischen drei Handlungsmöglichkeiten entscheiden: Entweder verhängt man gegen alle 140 Personen, von denen die Polizei derzeit behauptet, es seien Ermittlungsverfahren eingeleitet, ein bundesweites Stadionverbot. Oder man nimmt die Unschuldsvermutung ernst und verhängt solche Verbote erst bei nachgewiesener Schuld, was nach unserer Einschätzung bislang Linie des Vereins war. Entschieden hat man sich aber dafür, dem politischen Druck einerseits nachzugeben, indem böse Briefe verschickt werden, aber eben im Ergebnis kein echtes Stadionverbot verhängt, wie es die Polizei gerne möchte. Dies verbunden mit einer zu unterschreibenden Gewaltverzichtserklärung und einem „Stadionverbot auf Bewährung“.

 

Schade ist, dass der Verein, wie schon nach dem brutalen Vorgehen der Polizei im Spiel gegen PAOK Saloniki dem politischen Druck nicht standhalten kann und seine eigene Linie nicht mehr konsequent weitergeht. Wir wollen nicht, dass die Unschuldsvermutung bei der Beurteilung von Sachverhalten in Gefahr gerät. In diesem speziellen Fall werden mitunter junge Leute, die sich an dem Abend zufällig und um der Schalker Gemeinschaft willen im Vereinsheim der Hugos aufgehalten haben, kriminalisiert. Das wird billigend in Kauf genommen, um nach Außen hin Härte zu demonstrieren und Politik und Öffentlichkeit zu befriedigen.

Auf der anderen Seite hat der Verein aber auch nicht zu den völlig irrwitzigen Mitteln gegriffen, die die Polizei sich erhoffte und die DFB-Richtlinie eröffnet hätte, nämlich mit der Gießkanne Stadionverbote gegen alle zu verhängen. Der Vorstand des S04 hat in Gesprächen gegenüber der Königsblauen Hilfe ausdrücklich versichert, dass es zur Verhängung von tatsächlichen Stadionverboten auch zukünftig nur dann kommen soll, wenn die Schuld einer einzelnen Person individuell festgestellt wird. Wir messen den Verein an diesen Aussagen.

 

Die Gewaltverzichtserklärung ist in ihrer Form daher im Ergebnis auch nur ein politisches Instrument, um der Öffentlichkeit zu zeigen, man habe etwas unternommen. In juristischer Hinsicht ist sie aus unserer Sicht unbedenklich und folgenlos. Sie hat im Ergebnis keine Konsequenzen für den, der sie unterschreibt.

 

Für die Königsblaue Hilfe gilt es, der Polizei die Möglichkeiten, überhaupt in solch einer rechtsstaatsfernen Form Druck auf die Vereine auszuüben, weitestgehend zu erschweren. Hier werden wir wegen des konkreten Vorgehens der Polizei Klage erheben.