Klug kommuniziert, oder: Zu dreist, um wahr zu sein?
Im Einsatz stark verbessert, in der Pressearbeit unverändert undifferenziert. Was sich so liest wie eine Zusammenfassung der Spiele des FC Schalke 04, ist in diesem Fall eine Zusammenfassung der Arbeit der Polizei NRW nach dem Spiel des FC Schalke 04 gegen den VfL Wolfsburg.
Natürlich, eine gute Öffentlichkeitsarbeit will gelernt sein, positive PR ist für viele Konzerne, Staaten oder Organisationen sehr wichtig – unstrittig auch für uns als Königsblaue Hilfe. Anders als die Polizei an diesem Wochenende warten wir allerdings lieber, bis wir uns ein vollständiges Bild haben machen können und veröffentlichen nicht direkt Schockmeldungen mit undifferenzierten Informationen wie „23 Polizisten wurden im Verlauf der Auseinandersetzungen verletzt“ (Sonntag, 07. Februar 2016, 0:28 Uhr). Da wird wohl schon bekannt gewesen sein, dass 21 der 23 Einsatzkräfte durch den Gebrauch von eigenem Pfefferspray, wie die WAZ und der Reviersport am Tag darauf berichteten, verletzt worden sind. Ein weiterer Beamter soll am Knie verletzt sein. Allerdings macht das in den ersten Medienberichten am Sonntagmorgen keinen besonders guten Eindruck. Wie viele Unbeteiligte bei dem Einsatz von konzentriertem Capsaicin (Scharfstoff der Chili) verletzt wurden, wird natürlich ebenso wenig erwähnt.
Arnold Plickert, NRW-Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, sagte gegenüber FUNKE MEDIEN: „Solche Einsätze machen deutlich, dass wir nicht die Täter sind.“ Dass allerdings mindestens 21 Verletzte durch den Polizeieinsatz im Vergleich zu zwei Verletzten (immer noch zwei zu viel) durch den Einsatz von Fußballfans stehen, lässt seine Aussage als Realsatire bester Güte wirken. Übrigens wird in der neueren Berichterstattung (Sonntagabend) nur noch von 22 verletzten Polizisten gesprochen, was die „Friendly-Fire“-Quote noch einmal erhöht. Auch Gelsenkirchens Bürgermeister Frank Baranowski scheint direkt verbreiteten Meldungen hörig zu sein. Die WAZ zitierte ihn am Montagmorgen: „Ich unterstütze alle erforderlichen und rechtlich zulässigen Maßnahmen, um die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in allen Bereichen unserer Stadt zu gewährleisten. Die Strafverfolgungsbehörden werden nach diesen Übergriffen konsequent handeln. Gleiches erwarte ich auch vom Verein.“
Baranowski will also aufgrund der undifferenzierten Medienberichte sämtliche Polizeimaßnahmen in Gelsenkirchen gegen Fußballfans erlauben, obwohl es nicht unbedingt wahrscheinlich erscheint, dass ein (von der WAZ genannter) gezielter Angriff auf eine kleine Gruppe Polizisten im komplett kamerüberwachten Bahnhofsumfeld stattfindet. Das wäre zugegebenermaßen recht unbedacht gewesen.
Aber fangen wir von vorne an: Was zu dem Übergriff auf Polizisten am Bahnhof geführt hat, ist uns nicht klar, allerdings ist rund um den Schalker Markt zu vernehmen, dass ein Übergriff von Wolfsburger Seite auf Schalker der Auslöser gewesen sei, bei dem die Polizei eingegriffen habe. Was danach folgte, erinnerte stark an die Vorfälle in der vergangenen Saison, als nach Übergriffen am Bahnhof beim Berlin-Heimspiel vor dem Augsburg-Heimspiel die Endstation HUGO ebenfalls umstellt war. An diesem Samstagabend waren nach Informationen unseres Anwaltes Oliver Allesch bis zu 350 Polizisten im Einsatz.
Nach Gesprächen der Königsblauen Hilfe e. V. vertreten durch Oliver Allesch sowie dem Schalker Fanprojekt vertreten durch Markus Mau mit der Einsatzleitung der Polizei wurde sich darauf geeinigt, dass jeder Besucher (HUGOS, Unbeteiligte, Frauen, Kinder) der Kneipe einzeln herauskommt und von zwei der 350 Polizisten zur Erkennungsdienstlichen Behandlung gebracht wird. Nachdem alle die Lokalität verlassen hatten, durchsuchte die Polizei diese aufgrund eines richterlichen Beschlusses. Dort fand sie Sprühdosen (gibt es in jedem Baumarkt), eine Motorradmaske (Vielleicht war tatsächlich jemand nicht mit Auto oder Straßenbahn zur Kneipe gekommen?) nach eigener Angabe auch noch Drogen, die aber wohl nicht einmal für eine ganze Sportzigarette gereicht hätten.
Die Polizei hielt sich an die Absprache, erst dann die geräumte Gaststätte zu durchsuchen. Vielen Dank dafür, auch gute Taten werden von uns gewürdigt.
Nach über vier Stunden Einsatzzeit und einigem Warten auf weitere Informationen stehen für uns zwei Sachen fest: Die Polizei kann sich an Absprachen halten und ihre größte Stärke ist die eigene Pressearbeit.